Ethnographische, religionswissenschaftliche und psychologische Studien
 

Adami, Norbert R.
Religion und Schamanismus der Ainu auf Sachalin. Ein Beitrag zur historischen Völkerkunde Ostasiens.
München: Iudicium 1991. 171 S.
ISBN 3-89129-278-3
Der Ethnologe Adami unternimmt angesichts einer unvollständigen Quellenlage den Versuch, die Religion der Ainu und insbesondere deren Schamanismus mit ethnologischer Systematik zu erschließen. Er bemüht sich um die Ausschöpfung des vorliegenden Quellenmaterials und bringt auch selbstgewonnenes Material mit ein. Sein Ziel ist es, aus den vielschichtigen religiösen Vorstellungen der Ainu einen kohärenten Komplex - die eigentliche "Religion" - herauszupräparieren, um so Vergleiche mit anderen Zeitaltern dieser Kultur sowie mit anderen Religionen umliegender Länder anstellen zu können. Besonders interessiert zeigt er sich an den Beziehungen zwischen den Ainu-Religionen und japanischen Religionen. Trotz dieser explizit ethnographischen Absicht kommen im dritten Teil des Buches Weltbild und Glaubenssystem der Ainu ebenso wie die Stellung, Berufung und Ausrüstung des Schamanen zu ausführlicher Würdigung.
Es handelt sich um einen speziellen Beitrag zur vergleichenden Religionsethnographie, der den Schamanismus als zentrale Ausdrucksform des Religiösen untersucht.

  Alekseev, H. A.
Schamanismus der Türken Sibiriens. Versuch einer vergleichenden arealen Untersuchung.
Hamburg: Schletzer 1987. 348 S. u. 22 Abb.
(Studia Eurasia Bd. I)
ISBN 3-921539-30-7
Dieses aus dem Russischen übersetzte Standardwerk bietet zunächst einen Überblick zur bisherigen ethnographischen Forschung in dieser Region. Zentral sind für den Autor die sogenannten "animistischen Vorstellungskomplexe", welche auch die Teilung in Oberwelt- und Unterweltgeister beinhalten.
Im nächsten Kapitel geht es um die Verleihung der Gabe des Schamanen, insbesondere um Initiationskrankheiten und -rituale. Daran anschließend nimmt sich der Autor der "religiösen Praxis der Schamanen" an. Hier stellt er die schamanische Seance als Dreh- und Angelpunkt des Wirkens der Schamanen anhand von Quellenberichten detailliert dar, um dann auf deren Rolle im Leben der Völker einzugehen.
Es handelt sich um die erste umfassende vergleichende Untersuchung des Schamanismus dieser Region. Aufgrund seiner Studien schlußfolgert der Autor, daß es sich beim Schamanismus der einzelnen Völker letztlich um ein "im Großen und Ganzen einheitliches Phänomen" handele, beruhend auf einem vergleichbaren Komplex von Vorstellungen über irdische und überirdische Zusammenhänge.
Diese grundlegende Arbeit dürfte in Zukunft für das Studium des sibirischen Schamanismus unabdingbar sein.
 

Andritzky, Walter
Schamanismus und rituelles Heilen im alten Peru. 2 Bde.

Berlin: Zerling 1988. zus. 525 S.
ISBN 3-88468-041-2
Aus dem Kulturzusammenhang entwickelt der Autor eine lebendige Rekonstruktion des altperuanischen Heilwissens. Um die Gesundheits- und Krankheitsvorstellungen aus ihrer inneren Logik heraus zu verstehen, wird das ganze Weltbild mit seinen Mythen und Legenden, seinen Religionen, seiner Astronomie und Symbolik im Zusammenhang mit den Phasen des Ackerbaujahres und den damit verbundenen Ritualen in wechselseitigen Bezügen entfaltet. Der altperuanische Heilschamanismus kommt ausführlich zur Darstellung. Das Buch wurde als Dissertation verfaßt, bietet aber auch dem nicht-akademischen Leser einen guten Überblick. Ein wissenschaftlich seriöses Werk, das eine ganzheitliche Aufffassung des Schamanismus erstrebt..
Bittlinger, Arnold
So heilen Schamanen. Schamanistische Heilungen im Licht von Bibel und Psychotherapie.
Kindhausen: Metanoia. 3. Auflage 1993. 35 S.
(Metanoia - Eine Schriftenreihe der ökumenischen Akademie Nr. 5)
ISBN 3-9520072-8-5
Zur Eröffnung seiner kleinen Schrift schildert der Autor drei klassische Beispiele von schamanistischen Heilungen, an denen er die drei Grundformen schamanistischen Krankheitsverständnisses (Einverleibung eines Krankheitsgeistes, Seelenverlust und Seelenwanderung) erläutern möchte. Seine Erklärungen sind einleuchtend und im wesentlichen zutreffend. Als nächstes versucht er die Frage zu beantworten: wie wird man ein Schamane und wie läuft eine Initiation ab? Er schildert die Vorgänge von Vererbung und Berufung sowie Grundstrukturen der Initiation. Wie schon im Untertitel angekündigt, sucht der Autor immer wieder nach dem Schamanismus verwandten Vorgängen bzw. Schilderungen in der Bibel. In den meisten Fällen gelingt ihm die Herstellung plausibler Parallelen.
 
Bleibtreu-Ehrenberg, Gisela
Der Weibmann. Kultischer Geschlechtswandel im Schamanismus.
Frankfurt/Main: Fischer 2. Auflage 1989. 200 S.
ISBN 3-596-7348-X
Die Religionswissenschaftlerin und Psychologin unternimmt im ersten Teil des Buches zunächst eine gründliche Erläuterung der tragenden Begriffe ihrer Untersuchung wie "sexuelle Devianz", "Transvestitismus", "Transsexualität" und "Androgynität". Der zweite Teil beschäftigt sich in sexualpsychologischer Perspektive mit einem typischen Bestandteil schamanistischer Rituale: dem rituellen Wandel der Geschlechtsidentität. Nach einer zusammenfassenden Darstellung der unterschiedlichen Funktionen der Geschlechter im Schamanismus wird die spezielle Bedeutung von Transvestition und Transsexualität innerhalb schamanistischer Glaubensvorstellungen und Praktiken untersucht. Insbesondere die persönlichen und metaphysischen "Motive" für die "Übernahme der entgegengesetzten Geschlechtsidentität" werden genau erörtert.
Insgesamt eine sorgfältige und gründliche Untersuchung dieses Aspektes im Schamanismus.
 
Braem, Harald
Die magische Welt der Schamanen und Höhlenmaler.

Köln: DuMont 1994. 275 S.
ISBN 3-7701-3343-9
Der Autor versucht dem Publikum ein plastisches Panoramabild von schamanisch inspirierten Kunstwerken der Vorzeit zu vermitteln. Er will dabei ungebunden verschiedene Perspektiven erproben. Dazu hat der Autor die von ihm beschriebenen Kunstwerke und Kultplätze sämtlich besucht, um sich einen persönlichen Eindruck zu verschaffen.
Im Mittelpunkt seiner lebendigen Interpretationen stehen die Höhlenmalereien der Eiszeitkunst (30.000-10.000 v. Chr.). Zur Erörterung der Kunstwerke bzw. ihres Hintergrundes dient ihm neben kunsthistorischen Fakten und Theorien die subjektive Einfühlung. Auch beim Leser möchte er Raum für eigene Gedanken lassen und verweist in diesem Zusammenhang auf "die Vorzeit in uns".
Das Buch ist leichtverständlich geschrieben und verfolgt interessante Gedanken unter Berücksichtigung psychologischer Aspekte. Der Schamanismus bildet das Beziehungszentrum der Spekulationen des Autors. Der insgesamt sachliche Stil interferiert allerdings mit der teilweise spekulativen Ziehung von Parallelen zwischen zeitlich und geographisch verschiedenen Werken und Orten.
Am Ende des empfehlenswerten Buches steht eine (mit praktischen Hinweisen versehene) Liste der vom Autor zum Besuch empfohlenen Höhlenkunststätten.
 
Bramly, Serge
Im Reiche des Wakan. Schamanismus und Magie der Indianer Nordamerikas.

Basel 2. Auflage 1982. 264 S.
ISBN 3-85914-155-4
Nach einem geschichtlichen Überblick nimmt uns der Autor mit auf eine Reise kreuz und quer durch die Vorstellungswelt und Rituale der Indianer. Er versucht zwar immer wieder, zwischen den Vorstellungen und Praktiken der einzelnen Stämme Parallelen aufzuzeigen, dies gelingt aber nur fragmentarisch.
Das Buch ist anregend, wirkt aber chaotisch. Schade, daß soviel interessantes Material so unübersichtlich verarbeitet wurde.
 
Clottes, Jan/David Lewis-Williams
Trance und Magie in der Höhlenkunst der Steinzeit.

Sigmaringen: Jan Thorbecke 1997. 119 S.
(Thorbecke Speläothek Bd. 2)
ISBN 3-7995-9051-X
Dieser großformatige und prächtig bebilderte Band erscheint in einer Reihe, die sich die Erforschung und Wiedergabe vorgeschichtlicher Höhlenkunst zur Aufgabe gemacht hat.
Die beiden Autoren fanden zueinander über die Frage nach den Motiven steinzeitlicher Menschen. Diese suchten nämlich nicht nur die unheimlichen Tiefen der Höhlen auf, sondern versahen auch deren Wände mit einer unglaublichen Vielfalt höchst beeindruckender Zeichnungen und Gemälde.
In einem plausiblen neuartigen Interpretationsversuch werden die Höhlenkunstwerke von den Autoren in den großen Zusammenhang vorgeschichtlicher Religiösität und Weltdeutung gestellt. Die kompetenten Erörterungen, welche die Kunstwerke auf Zentralmotive des Schamanismus beziehen, werden nur noch von der Qualität des hier zugänglich gemachten Bildmaterials übertroffen.
Die Autoren bieten einen relevanten Interpretationsversuch wichtiger steinzeitlicher Kunstwerke, der in konstruktiver Weise die neuesten Erkenntnisse aus Anthropologie, Medizin und Psychophysiologie mit kunstgeschichtlichen Deutungen zusammenführt.
 
Doore, Gary (Hrsg.)
Opfer und Ekstase. Wege der neuen Schamanen.
Freiburg i. Brsg.: H. Bauer 1989. 336 S.
ISBN 3-762-60648-X
Der Sammelband bringt in drei Kapiteln insgesamt 22 Aufsätze zum Thema. So bekannte Autoren wie Ake Hultkranz, Stanley Krippner, Stanislav Grof und andere kommen zu Wort. Die Kapitel beschäftigen sich, nach einleitenden Bemerkungen des Herausgebers, mit dem Neoschamanismus, der Definition des Schamanen sowie dem Thema Heilung und Schamanismus, hierbei vor allem dem heutigen Nutzen der Praktiken. Das Schlußkapitel untersucht den Einfluß des Schamanen auf die "neue Spiritualität" des "New Age".
Dieses aktuell orientierte Buch sollte jedem Interessierten zur Verfügung stehen. Obwohl es sich um wissenschaftliche Aufsätze handelt, sind sie allgemeinverständlich geschrieben.
 
Drury, Nevill
Der Schamane und der Magier. Reisen zwischen den Welten.

Basel: Sphinx 1989. 180 S.
ISBN 3-85914-351-4
Nach einer kurzen Einführung in den Schamanismus verfolgt der Autor das Ziel bestimmten Parallelen zwischen schamanistischen Glaubensvorstellungen und Praktiken und magischen Systemen bzw. Ritualen (insbesondere denen des bekannten "Golden Dawn"-Ordens) nachzugehen. Er kann zeigen, daß gewisse Entsprechungen existieren und macht sie für den Leser nachvollziehbar. Der Schwerpunkt seiner Untersuchung liegt auf der Charakterisierung der verschiedenen Bewußtseinsebenen, die sowohl der Schamane als auch der Magier mittels bestimmter Prakiken zu betreten vermögen. Auch wenn deren Beschreibungen unterschiedliche Metaphorik verwendet, bezeichneten sie anscheinend doch das gleiche Geschehen bzw. Erleben. In einem Anhang werden die neuesten Erkenntnisse der modernen Bewußtseinsforschung zum Schamanismus vorgestellt.
Das Buch ist in seiner thematischen Ausrichtung einzigartig und auch als Einführung in das Thema geeignet.
 
  Düe, Michael
Konzentration und Entrückung. Aus der Geschichte des
Verhältnisses von ekstatischer Erfahrung und wissenschaftlicher Begriffsbildung.
Heidelberg: Carl Winter 1993. 435 S.
ISBN 3-8253-0124-9
In dieser umfangreichen akademischen Abhandlung geht es dem Autor um das Phänomen der Ekstase und im besonderen um dessen Beziehungen zur Welt der Wissenschaft. Er stellt in nachvollziehbarer Weise eine zunehmende Verdrängung ekstatischen Erlebens als einer "ausschweifenden Bewegung" im Kontrast zur heute dominierenden, mit Begriffen ihren Gegenstand "umklammernden" Naturwissenschaft dar. Er sieht es als seine Aufgabe, mit genauem begrifflichem Denken eine historisch-vergleichende Untersuchung der Ekstaseformen zu leisten. Er vergleicht dazu exemplarische Ekstasen und Ekstasedeutungen verschiedener Kulturepochen, wobei auch die Ekstasen der Schamanen bedeutenden Raum einnehmen. Neben einer "Sicherung des Phänomenbestandes Ekstase" und ihrer Ausdrucksformen will der Autor mittels anthropologischer Beleuchtung deren universale, das heißt über zeitliche und geographische Unterschiede hinausgehenden Gemeinsamkeiten herausarbeiten. Im Anschluß an Schamanen, Hexen und Druiden werden auch antike Geistesgrößen wie Heraklit, Pythagoras, Parmenides und Platon als Ekstatiker und Theoretiker der Ekstase behandelt.
Der Autor schlußfolgert, daß in der nachantiken abendländischen Geschichte zunächst eine Ambivalenz, später eine Verdrängung und Verleugnung gegenüber ekstatischem Erleben eingetreten sei. Dem von ihm für die heutige Zeit postulierten "verschämten Interesse an der Ekstase" ist wohl diese aufschlußreiche Untersuchung zu danken.
 
Duerr, Hans-Peter (Hrsg.)
Alcheringia oder die beginnende Zeit. Studien zu Mythologie, Schamanismus und Religion.

Frankfurt/M.: Qumran 1989. 198 S.
ISBN 3-445-04724-3
Dieser Sammelband ist dem Religionswissenschaftler Mircea Eliade zum 75. Geburtstag gewidmet. Einige Aufsätze international renommierter Autoren befassen sich mit dem Thema Schamanismus. So berichtet eine Autorin über neueste Forschungsergebnisse zur Praxis der Bewußtseinsveränderung bei Schamanen. Ein anderes Thema ist der Einfluß schamanistischer Traditionen auf moderne Besessenheitskulte im heutigen Japan. Der Band bringt vornehmlich Einzelaspekte des Schamanismus zur Darstellung und ist von daher eher für Fachpublikum bestimmt.
 
Enderwitz, Ulrich
Schamanismus und Psychoanalyse. Zum Problem mythologischer Rationalität in der strukturalen Anthropologie von Claude Lévi-Strauss.

Wiesbaden: Campus 1977. 317 S.
ISBN 3-593-32818-6
Diese Abhandlung vesucht eine vergleichende Interpretation der schamanistisch und psychoanalytisch geleiteten Heilungsvorgänge und ihrer Strukturen (Deutung, Übertragung, Abreaktion) zu liefern. Sie versteht sich zugleich als eine Kritik der strukturalen Anthropologie von C. Lévi-Strauss. Mit Hilfe psychoanalytischer Kategorien und metatheoretischer Konzepte versucht sie deren weltanschaulichen Hintergrund bewußtzumachen.
Am Phänomen der Übertragung wird ein Interpretationsvergleich der strukturalen Anthropologie mit einer kritischen hermeneutisch-psychoanalytischen Interpretationsweise geleistet. Obwohl das Buch relevante Zusammenhänge bezüglich des Schamanismus und seiner therapeutischen Vorgehensweise aufzeigt, ist es in einem schwerverständlichen Wissenschaftsjargon geschrieben. Von daher nur für Fachpublikum geeignet.
 
Gehrts, Heino / Gabriele Lodemann-Priemer (Hrsg.)
Schamanentum und Zaubermärchen.
Kassel: Röth 1986. 218 S.
(Veröffentlichungen der Deutschen Märchengesellschaft Bd. 10)
ISBN 3-87680-344-6
Diese Sammlung von 11 Aufsätzen zum Thema Schamanismus und Märchen verfolgt zwei Ziele: Zum einen will sie Elemente der schamanistischen Vorstellungswelt (Hilfsgeister, Zauberei und anderem) und ihre Verarbeitung in Märchen aufzeigen. Zum anderen will sie das Märchenerzählen selbst als Heilungswerkzeug des Schamanen in den Blick bringen. Neben den deutschsprachigen Autoren kommen auch zwei ungarische Schamanenspezialisten zu Wort. Das Werk greift ein interessantes Thema auf und ist nicht populär, aber allgemeinverständlich geschrieben.
 
  Golowin, Sergius
Das Reich des Schamanen. Der eurasische Weg der Weisheit.

München: Goldmann 1989. 339 S.
ISBN 3-442-11885-9
Das etwa 15. Buch Golowins hält nicht, was der Titel verspricht. Es wird hier zwar ansatzweise der eurasische Schamanismus beschrieben, aber nur sehr oberflächlich und unzusammenhängend. Der Zigeunerspezialist Golowin kann zwar manche interessante Information bringen, wird aber in seiner zerfaserten Darstellungsweise dem Thema kaum gerecht.
 
Gottwald, Franz-Theo / Christian Rätsch (Hrsg.)
Schamanische Wissenschaften. Ökologie, Naturwissenschaften und Kunst.

München: Diederichs 1998. 278 S.
ISBN 3-424-01445-1
Wie schon im Untertitel angedeutet, ist der Band in 3 Rubriken untergliedert und versucht die über den Schamanismus vermittelten Verbindungen dieser Bereiche zu verdeutlichen.
Im Abschnitt "Ökologie" wird nach einer anregenden Erörterung über "tiefenökologische Erkenntnisbildung und Wertehierarchie" durch Gottwald von einer Ethnologin Einblick in komplexe ökologische Vorstellungen zweier Naturvölker gewährt.
Die Arbeiten der Abschnitte "Naturwissenschaft" und "Kunst" beschäftigen sich auf hohem Niveau mit dem Schamanen als empirisch arbeitendem Wissenschaftler, das heißt Pharmakologen, Physiologen, Geistbeschwörer und Psychotherapeuten. Künstlerische Aspekte werden anhand der schamanistisch inspirierten Arbeiten von Joseph Beuys erläutert.
Der Band erschließt in gründlichen Studien eine Vielfalt von Einzelaspekten des Schamanismus und leistet damit einen wichtigen Beitrag zu dessen Neubewertung in der gegenwärtigen Diskussion.
 
  Guntern, Gottlieb (Hrsg.)
Der Gesang des Schamanen. Hirnforschung - veränderte Bewußtseinszustände - Schamanismus.
Brig: ISO-Stiftung 1990. 337 S.
ISBN 3-906520-03-X
Diese - an abgelegener Stelle erschienene - Publikation enthält Vorträge und Diskussionen, die auf einem Kongreß der Schweizer ISO-Stiftung zu dem im Untertitel bezeichneten Thema gehalten wurden. Im 1. Teil gibt der durch seine diesbezüglichen Forschungen berühmt gewordene Neurologe Joseph Bogen einen Überblick über "die hemisphärische Spezialisierung des Gehirns" und ihre Implikationen für das Verständnis veränderter Bewußtseinszustände. Ein anderer kompetenter neurophysiologischer Forscher, Arthur Deikmann, referiert über "bimodales Bewußtsein und mystische Erfahrungen". Der bekannte Halluzinogen- und Schamanismus-Forscher Peter Furst erläutert im Anschluß daran die Beziehungen von schamanischer Ekstase und der Einnahme botanischer Halluzinogene. Im 4. Teil trägt der kanadische Neurobiologe Raymond Prince seine Theorie über den Zusammenhang von Trance und neurobiologisch aktiven körpereigenen Substanzen - den sogenannten "Endorphinen" - vor. Die jeweils im Anschluß an die Vorträge abgelaufenen Diskussionen sind mitabgedruckt. Das Buch bringt für den Fachmann kaum Neues, da es eher eine Art Zusammenfassung bekannter amerikanischer Forschungsansätze enthält, ist aber eine gute deutschsprachige Einführung in diese Theorien.
 
  Haas, Jochen U.
Schamanentum und Psychiatrie. Untersuchung zum Begriff der "arktischen Hysterie" und zur psychiatrischen Interpretation des Schamanentums zirkumpolarer Völker.
Freiburg i. Br.: Diss. phil. 1976. 322 S.
Diese akademische Untersuchung beginnt mit einer Begriffsgeschichte des Schamanismus. Im Hauptteil der Arbeit werden vom Autor mögliche (von anderen Autoren unterstellte) Beziehungen schamanistischer Funktionsträger zu vier großen Gruppen neurologischer bzw. psychiatrischer Krankheitsformen (Epilepsie, Schwachsinnsformen, Schizophrenien und Psychopathien) erörtert. Eine besondere Rolle spielen dabei die hysterischen Zustände.
Ende der dreißiger Jahre formulierte der versierte Religionswissenschaftler und Schamanismusforscher Ohlmarks die These einer spezifischen psychopathologischen Eigenart der am Polarkreis beheimateten Schamanen. Die "arktische Hysterie" meinte er 1939 als zentrales psychologisches Merkmal der Schamanen ausgemacht zu haben. Da diese Deutung in der Forschung wesentlichen Einfluß gehabt hat, lohnt sie die gezielte Auseinandersetzung.
Nach ausführlichen Erörterungen der Problemlage und des Forschungsstandes zieht der Autor eine kritische Bilanz, indem er die Ansatzpunkte der Ohlmarksschen Theorie einer systematischen Kritik unterzieht.
Im letzten Kapitel stellt der Autor noch einmal die allgemeinen Fehlerquellen bei der Deutung schamanistischer Phänomene (Ethnozentrismus, Feldsituation, politische Situation usw.) gründlich dar.
Es handelt sich um eine grundlegende Arbeit, was die Kritik an psychopathologischen Interpretationen betrifft. Bisherige Deutungen werden fundiert problematisiert und es wird über metatheoretische Reflexion wichtige Kritik erarbeitet.
 
  Haase, Evelin
Der Schamanismus der Eskimos.

Aachen: Alano 1987. 383 S.
(Acta culturologica Bd. 3)
ISBN 3-89399-026-7
Anhand der ethnographischen Quellen wird hier in akademisch gehaltener Form der Schamanismus der Eskimos dargestellt. Es geht der Autorin, neben einer genauen phänomenologischen Eingrenzung des Schamanen und seiner Tätigkeit, vor allem um den Aufweis von Gemeinsamkeiten und Unterschieden im Schamanismus verschiedener Eskimovölker. Diese haben zum großen Teil niemals untereinander Kontakt gehabt und von daher unterschiedliche Vorstellungswelten entfaltet, deren von der Autorin aufgezeigte Gemeinsamkeiten einer Wesensanalyse des Phänomens Schamanismus förderlich sein können. Das größte Kapitel ist denn auch einer Darstellung und Analyse des Phänomens Schamanismus gewidmet.
Es handelt sich zwar um eine fachwissenschaftliche Abhandlung, die jedoch vom Aufbau und Wortgebrauch her auch für Nichtwissenschaftler geeignet ist.
 
Hargous, Sabine
Beschwörer der Seelen. Das magische Universum der südamerikanischen Indianer.
Basel: Sphinx 1976. 295 S.
ISBN 3-85914-121-X
Die französische Ethnologin und Soziologin Hargous präsentiert hier die Ergebnisse ihrer Feldforschung bei Stammesvölkern im Anden-Hochland Südamerikas. In diesen abgelegenen Regionen sind, trotz massiver Unterdrückung durch den spanischen Katholizismus, noch präkolumbianische Traditionen lebendig geblieben.
Es handelt sich um eine ethnosoziologische Studie, die detailliert auch Mythen, Geschichte und Kulturheroen behandelt. Der Schamane bzw. Hexer wird als Vertrauensperson des Volkes betrachtet, die allein es wagen kann, sich den Mächten der Natur entgegenzustellen. Ausführliche Würdigung erfahren schamanistische Krankheitsauffassungen, Diagnosestellungen, Heilungszeremonien wie auch Heilmittel aus dem pflanzlichen und tierischen Bereich.
Das Werk verfügt über ein sehr gutes Verzeichnis der spanischsprachigen Literatur. Der Stil der Darstellung hat akademischen Einschlag, der Aufbau wirkt etwas unübersichtlich. In vielen Passagen kann das Werk jedoch einen guten Einblick in den gegenwärtigen Schamanismus der Hochanden vermitteln.
 
Heissig, Walther
Schamanen und Geistesbeschwörer in der östlichen Mongolei. Gesammelte Aufsätze.
Wiesbaden: Harrassowitz 1992. 214 S.
(Studies in Oriental Religions Vol. 24)
ISBN 3-447-03197-2
Der anscheinend der Religionswissenschaft zuzurechnende Autor hat seit den 40er Jahren den Schamanismus der östl. Mongolei untersucht. Der Band versammelt seine diesbezüglichen Arbeiten aus den Jahren 1944-1989. Diese sollen eine Basis für die Auseinandersetzung mit dem in den letzten Jahren neu erschlossenen Material bilden.
In seinen detaillierten Studien untersucht der Autor die Einflüsse lamaistischer und buddhistischer Religiösität auf schamanistische Gesänge, die Gesänge zur Bannung von Krankheitsgeistern, die schamanistische Mythik und Epik sowie die Frage der Homogenität des ostmongolischen Schamanismus und der heutigen Schamanentraditionen daselbst.
Da der Schamanismus der Mongolen, im Verhältnis zum sibirischen und altaitürkischen, ethnographisch bzw. religionswissenschaftlich eher unterbelichtet ist, dürfte diese sorgfältige und philologisch genaue Erschließung ethnographischer Quellen dankbar aufgenommen werden.
 
Hermanns, Matthias
Schamanen, Pseudoschamanen, Erlöser und Heilbringer. 2 Bände.

Wiesbaden: Steiner 1970
Bd 1: Schamanen. XXIII, 705 S.
ISBN 3-515-00085-2
Bd 2: Pseudoschamanen. X, 346 S.
ISBN 3-515-00086-0
Dem Verfasser geht es in seiner umfangreichen ethnographischen Studie um eine exakte Abgrenzung des Schamanen vom Zauberer und vom Heilbringer. Er beschreibt ausführlich den Schamanismus und die damit verbundene Vorstellungswelt bei verschiedenen asiatischen Völkerschaften. Auch zum amerikanischen Schamanismus finden sich vergleichende Darstellungen. Diese in über 30jähriger Forschungsarbeit gewonnenen und gesammelten Erkenntnisse bilden einen guten Grundstock für die vergleichende Erforschung schamanistischer Praktiken und Vorstellungen auf der ganzen Welt. Kritisch bleibt anzumerken, daß der Autor seinem oben angedeuteten Ziel nur wenig näher kommt, da der analytische Teil der Arbeit rudimentär bleibt. Durch das umfangreiche "Quellenmaterial" sind die Bände vor allem für Ethnologen von Interesse.
 
  Hung-Youn, Cho
Koreanischer Schamanismus. Eine Einführung.
Hamburg: Museum für Völkerkunde 1982. 129 S.
(Wegweiser zur Völkerkunde Heft 27)
ISBN: Keine
Aufgrund der Unzugänglichkeit des Landes und der Sprachbarrieren ist die koreanische Volksreligion, das heißt der Schamanismus, dem Westen völlig verschlossen geblieben. Dieses kleine Werk ist die erste Gesamtdarstellung in deutscher Sprache. Der Autor ist Koreaner, war jahrelang Schüler eines Schamanen und studierte Anthropologie und Religionswissenschaft.
Angefangen von historischen Vignetten aus der Feder konfuzianistischer Gelehrter über frühe japanische Feldforschungen bis hin zu einem modernen Verständnis schamanistischer Praktiken deckt der Autor viele Aspekte des Themas ab. Auch Initiation und Ausbildung der Schamanen werden sachgerecht dargestellt. "Götterhäuser" und "rituelle Objekte" beanspruchen ein eigenes Kapitel. Den Anschluß bildet eine Skizzierung der "Arten, Eigenschaften und Funktionen der Götter" und eine Beschreibung der zentralen Zeremonien der Schamanen.
Die Fundiertheit und Übersichtlichkeit sowie das hochwertige Abbildungsmaterial machen das Buch zu einem Standardwerk über den koreanischen Schamanismus.
 
  Illius, Bruno
Ani Shinan: Schamanismus bei den Shipibo-Conibo (Ost-Peru).

Münster: Lit-Verlag 1987. 450 S.
(Ethnologische Studien Bd. 12)
ISBN 3-924-18908-0
Dem Autor geht es darum, mittels eigener Feldforschungen und vorhandener ethnologischer Berichte eine detaillierte Studie eines Indianerstammes am Amazonas zu liefern. Dieser Stamm wird zunächst anhand des Dorfalltags in mehreren Aspekten dargestellt. Im Mittelpunkt steht dabei der Mensch und seine Eingebundenheit sowohl in die Welt der Geister als auch der Gesellschaft und der Natur. Der Schamane wird als Mittler zur Geisterwelt verstanden. Die Geisterwelt wird ihm durch die Einnahme einer psychedelischen Droge (Ayahuaca) eröffnet, mit deren Hilfe er die aus der Ordnung geratenen Verhältnisse reguliert.
Eine sorgfältige ethnographische Studie, deren umfangreicher Dokumentenanhang vor allem Fachpublikum interessieren dürfte.
 
Kaiser, Rudolf
Indianische Heilkunst. Pflanzen, Rituale und Heilungsbilder nordamerikanischer Schamanen.

Freiburg/Basel/Wien: Herder 1996. 191 S.
ISBN 3-451-04471-4
Schon seit langem beschäftigt sich dieser Professor für Anglistik mit Kultur und Weltanschauung der Indianer. Er hat viele persönliche Erfahrungen bei den Navaho-Indianern in Arizona und New Mexico gesammelt. Seiner Ansicht nach verfügen die Navahos über das differenzierteste und am meisten angewandte indianische Heilsystem. Ausgehend von den Navahos versucht der Autor die gemeinsamen, das heißt stammesübergreifenden weltanschaulichen Hintergründe indianischer Medizinsysteme herauszuarbeiten.
Die indianische Medizin wird in groben Strichen in ihren Grundlagen, Verfahren und Zielen dargestellt. Nach der Beschreibung einzelner Heilungszeremonien werden in separaten Kapiteln die indianische Phytotherapie, die Sandgemäldetherapie der Navaho sowie die Behandlung mit den "Hopi-Ohrkerzen" abgehandelt. Im Anhang finden sich die Texte verschiedener Heilungsgesänge. Auch viele Aspekte "der" indianischen Weltanschauung finden sich nachvollziehbar erörtert, allerdings ist eine Tendenz zur Idealisierung erkennbar.
Ein informatives und sachkundiges Buch, das gut als Einführung in das Gebiet "Indianische Medizin" dienen kann.
 
  Kakar, Sudir
Schamanen, Heilige und Ärzte. Psychotherapie und traditionelle indische Heilkunst.
München: Biederstein 1984. 315 S.
ISBN 3-7642-0168-1
Das Buch eines praktizierenden indischen Psychoanalytikers erörtert traditionelle medizinische Vorstellungen vom Menschen und seinen Krankheiten in Indien. Die Darstellung ist in drei Teile gegliedert und behandelt neben dem indischen Schamanismus die mystischen Traditionen Indiens wie auch die Traditionen der Krankheitsvorstellungen. Von diesen Vorstellungen ausgehend, versucht der Autor Parallelen zur modernen Psychotherapie aufzuzeigen. Die Darstellung hat akademischen Einschlag, ist aber gut lesbar.
 
King, Serge Kahili
Die Heilkunst der Hawaianer.

Freiburg i. Br.: Lüchow 1996. 181 S.
ISBN 3-925898-58-1
Der zugleich mit einem Doktor in Psychologie wie auch mit einer Initiation in den hawaianischen Huna-Schamanismus ausgestattete Autor hat dieses Buch eher systematisch aufgebaut. Nach einer guten Skizzierung der Geschichte des hawaiischen Schamanismus wird dessen Stellung zu verschiedenen Zentralthemen des (menschlichen) Lebens erläutert. Daran anschließend werden die grundlegenden Vorstellungen der Schamanen zu den Ebenen des Bewußtseins sowie einige Kategorien von "psychischen Kräften" vorgestellt. Besonderen Wert legt der sachkundige Autor auf die Beziehungen von Geist und Körper. In dieser Beziehung sieht er die krankmachenden psychischen Komplexe und emotionalen Verstrickungen verankert und weist Wege zu deren Auflösung.
Der Autor kennt das hawaiische Huna-System sehr gut und versteht es dem Leser Grundideen und Heilwissen nahezubringen, ohne in eine Lebenshilfe-Direktivität zu verfallen. Auch die am Ende stehende kritische Auswahlbibliographie zum Huna-Schamanismus macht dieses Buch zum Gewinn für den ernsthaft Interessierten.
 
Liggenstorfer, Roger/Christian Rätsch (Hrsg.)
Maria Sabina - Botin der heiligen Pilze. Vom traditionellen Schamanentum zur weltweiten Pilzkultur.

Solothurn (CH): Nachtschatten 1996. 269 S. (Großformat).
ISBN 3-90708034-3
1943 entdeckte der Schweizer Chemiker Albert Hofmann die psychedelische Wirkung des LSD. Er aktivierte damit weltweite Forschungsbemühungen. Etwa 10 Jahre nach der LSD-Entdeckung gelang Hofmann die chemische Reindarstellung der wirksamen Stoffe aus den sogenannten "magischen Pilzen" mittelamerikanischer Schamanen. Zum 90. Geburtstag von Hofmann erschien der vorliegende Sammelband.
Er enthält neben dem lesenswerten Lebensbericht der bekannten "Pilz-Schamanin" Maria Sabina eine Reihe von Beiträgen, die sowohl die Geschichte der magischen Pilze umreißen als auch die wissenschaftlichen Bemühungen um deren chemische Erforschung und therapeutische Nutzung darstellen.
In den 80er Jahren kam es durch Anleitungen zur Heimkultur dieser Pilzarten zur weltweiten Verbreitung. Es entwickelten sich daraus - im Anschluß an traditionelle schamanistische Gebräuche - auch in Mitteleuropa verschiedene Rituale zur kulturellen Integration dieser Erfahrungsmöglichkeiten. Diese werden in dem sehr guten Beitrag des Ethnologen Rätsch übersichtlich dargestellt.
Insgesamt ein schön gestalteter farbiger Band, der vielfältige Informationen zusammenführt und Anregungen zu einer Renaissance schamanistischer Praktiken vermittelt. Er stellt das umfassendste Kompendium zum Thema "magische Pilze und Schamanismus" dar.
 
Lukesch, Anton
Schamanen am Rio Xingu. Neuentdeckte Indianerstämme im brasilianischen Urwald.

Wien: Böhlau 1990. 342 S.
ISBN 3-205-05288-9
Der Ethnologe Lukesch betreibt seit den frühen 50er Jahren Feldforschungen im brasilianischen Urwald. Während der 70er Jahre gelang ihm die Kontaktaufnahme mit zwei bis dahin unbekannten Indianervölkern, den "Asurini" und den "Arawete". Von seinen im Zusammenleben mit ihnen gewonnenen Einsichten in ihre Herkunft und Rituale, ihren Umgang mit der Umwelt, ihren Glauben und ihr Weltbild handelt das vorliegende Buch. Die sehr genaue und engagierte Studie stellt den Schamanen als Traditionsvermittler, Heiler und Kenner des "Überirdischen" in den Mittelpunkt der Betrachtung. Im Kontext von sozialer Funktion und Stammesweltanschauung erweist sich der Schamane als wichtiger Dreh- und Angelpunkt des sozialen und metaphysischen Geschehens. Insbesondere bei den traditionellen Festen und Stammesritualen läßt sich einiges über die Mentalität und das In-der-Welt-Sein dieser Urwaldmenschen in Erfahrung bringen.
Eine gründliche ethnologische Arbeit, die sich bemüht den Schamanen im Gesamtkontext der Stammeskultur zu zeigen und die Respekt vor den komplexen Weltanschauungssystemen sogenannten "primitiver" Völker aufkommen läßt.
 
  Materialen zum Schamanismus der Ewenki-Tungusen an der mittleren und unteren Tunguska. Gesammelt und aufgezeichnet von I. M. Suslov 1926/28.
Wiesbaden: Harrassowitz 1983. XV. 131 S.
(Studien in orientalischer Religion Bd. 8)
ISBN 3-447-02234-5
Diese bisher unveröffentlichten Texte bzw. Berichte des russischen Ethnographen Suslov bilden nach Meinung des Herausgebers eine wichtige Grundlage zur Erforschung des sibirischen Schamanismus. Die Berichte wurden zu einem Zeitpunkt aufgezeichnet (1915-30), als der Schamanismus in diesen Gebieten eine noch ungebrochene Tradition besaß. Sie beziehen sich auf die Weltanschauung, die rituellen Gegenstände, die Seancen und die Sagen der Schamanen. Das Buch enthält relevantes Material, ist aber vor allem für Fachpublikum bestimmt.
 

Menges, Karl H.
Drei Schamanengesänge der Ewenki-Tungusen Nordsibiriens. Aufgezeichnet von Konstantin Mixajlovic Ryckov in den Jahren 1905/1909.

Opladen: Westdeutscher Verlag 1993. 339 S.
ISBN 3-531-05107-5
Dieser 2. Teil einer Materialsammlung (siehe oben) enthält die von Ryckov in der Tundra des Limpija-Gebiets bei den Ewenki-Tungusen gesammelten Texte. Es handelt sich um die ersten tungusischen Texte, die in Übersetzungen veröffentlicht wurden. Die dortige Tundra ist ein Gebiet riesiger unwirtlicher Einöden unter dem Polarkreis. Als Hindernis der Forschung wirkte zunächst die Furcht der Schamanen vor den Geistern, die das "Verraten" sühnen könnten. Seit 1920 kam die Verfolgung des Schamanismus durch die sowjetische Zentralregierung dazu.
Im Zentrum des Buches stehen die Gesänge, die von Beschwörung, Schlachtopfern und der Bitte um Jagdglück handeln. Die Textwiedergabe wird gelegentlich unterbrochen, um die von den Schamanen während der Gesänge durchgeführten Handlungen zu beschreiben. Den schwierigen - zum Teil abstrus wirkenden - Satzbildungen, die wohl auch durch halbekstatische Zustände der Sprecher verzerrt wurden, hat der Autor entsprechende Erläuterungen vorangestellt. Hinter den Texten folgen dann noch ausführliche etymologische Kommentare zu Grammatik und Wortschatz, die letztlich mehr als die Hälfte des Buches einnehmen. Es handelt sich um ein sorgfältig aufbereitetes Quellendokument.

 
  Miller, Roy Andrew / Nelly Neumann
Altjapanisch FaFuri. Zu Priestertum und Schamanismus im vorbuddhistischen Japan.
Hamburg: Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens e. V. 1991. 127 S.
(Materialien der Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Nr. 116)
ISBN 3-928463-51-9
FaFuri ist die altjapanische Bezeichnung für den niedrigsten Rang der Priesterschaft. Diese Studie erinnert zunächst daran, daß Japan Bestandteil der altaischen Welt ist und von daher seine Urreligion auch dem Schamanismus zugehört haben wird. In der Abhandlung wird anhand der Überlieferung der Frage nachgegangen, inwieweit der FaFuri-Priester mit dem Schamanen vergleichbar ist. Aufgrund einer religionswissenschaftlichen Analyse ordnet der Autor letztlich die FaFuri-Priester dem Schamanismus zu. Eine sorgfältige japanologische Arbeit, die sich auf einen Spezialaspekt konzentriert.
 
Motzki, Harald
Schamanismus als Problem religionswissenschaftlicher Terminologie. Eine Untersuchung.
Köln: E. J. Brill 1977. 143 S.
(Arbeitsmaterialien zur Religionsgeschichte Bd. 2)
ISSN 0341-8529
Diese Arbeit ist in einem interdisziplinären Seminar entstanden und bemüht sich um die Gewinnung einer fachübergreifenden Terminologie. Dazu werden verschiedene engere und weitere Definitionen des Schamanismus referiert, um dann das Problem wissenschaftstheoretisch zu durchleuchten. Anschließend erfolgt eine empirische Analyse der Begriffsgeschichte und Begriffsverwendung. Im Kontext einer Erörterung der tragenden Säulen schamanistischen Wirkens (Funktionen, Techniken, Weltanschauung usw.) entwickelt der Autor letztlich zwei Nominaldefinitionen des Schamanismus.
Obgleich es sich um eine brauchbare Problemdarstellung handelt, gibt zu denken, daß der Autor für seinen Anspruch relativ wenig Literatur einbezogen hat.
 
Mühlmann, Wilhelm E.
Die Metamorphose der Frau. Weiblicher Schamanismus und Dichtung.

Berlin: Reimer 1984. 2. Auflage 259 S.
ISBN 3-496-00801-6
Der bekannte Kulturanthropologe Mühlmann hofft, dem Phänomen Schamanismus und seinen Ausdrucksformen durch eine überfachliche Perspektive näherzukommen. In einer "Perspektive der kindlichen Unschuld" soll die fremde "Lebenswelt" (Husserl) - unter Ablegung aller Vor-Urteile und Überlegenheitshaltungen - im eigenen Erleben zur "Erinnerung" gebracht werden. So etwas sei nur möglich, weil der Mensch einen universell gleichgearteten Schatz von Ur-Wissen besitze, der der Vergessenheit nur durch den Vorgang der "Erinnerung" im Sinne Platons entrissen werden müsse.
Im 2. Kapitel stellt der Autor "basale Phänomene des Schamanismus" dar und erläutert unter Heranziehung von Beispielen aus dem indischen, sibirischen und indo-europäischen Kulturkreis deren kulturübergreifende Bedeutungsstrukturen. Im 3. Kapitel bringt er viele Beispiele für schamanistische Dichtung aus den sogenannten "Hochreligionen".
In seiner Studie nehmen erstaunlicherweise die "weiblichen Schamanen" sehr viel Raum ein. Gerade weil der Schamanismus bisher eher als "männlich" gilt, verdient diese vergessene Seite des Schamanismus sicher weitergehende Beachtung.
Insgesamt ist das Buch sehr akademisch im Duktus, zu ausufernd in den Beispielen und bei den kulturanthropologischen Analysen nicht ausreichend scharf im Zugriff. Trotzdem eine Fundgrube mit interessanten Einsichten durch die Herstellung vielfältiger Bezüge.
 
Müller, Martin
Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt. Schamanismus und Erkenntnis im Werk von Joseph Beuys.
Alfter: VDG 1994. 227 S.
ISBN 3-980323-8-X
Diese wertvolle Dissertation beleuchtet einen wichtigen und doch vernachlässigten Aspekt der Arbeiten eines der umstrittensten Künstler des 20. Jahrhunderts. Beuys verunglückt im 2. Weltkrieg fast tödlich in der sibirischen Einöde, wird von Tataren wieder aufgepäppelt und bleibt - womöglich von daher - lebenslang mit einer Mission zur Vermittlung von Europa und Eurasien im Innersten befasst. Er selbst stellte sich in Beziehung zum Schamanismus und suchte nach einem - den Schamanen zugesprochenen -"Ausgleich aller menschlichen Erkenntniskräfte". In seiner Kunst trachtete er, in der Moderne verlorengegangene, archaische und animistische Erfahrungsqualitäten wieder spürbar zu machen.
Die sorgfältige Arbeit von Müller bietet einen umfassenden Überblick zu den "schamanistischen Aspekten" des Beuys´schen Werkes und sucht deren Bedeutung in dessen künstlerischer Strategie auszuloten. Im zweiten Hauptteil wird den sich daraus ergebenden erkenntnistheoretischen Aspekten nachgegangen. Dem Autor ist es gelungen Beuys als Repräsentanten des Schamanismus zu zeigen und mit seiner Schrift die schmanistischen Anteile des Beuys´schen Werkes deutlich zu machen.
 
Müller-Ebeling, Claudia / Rätsch, Christian / Storl, Wolf-Dieter
Hexenmedizin. Die Wiederentdeckung einer verbotenen Heilkunst - Schamanistische Traditionen in Europa.

Aarau: AT-Verlag 1998. 272 S.
ISBN 3-85502-601-7
Wird das Thema Hexenmedizin genannt, so sieht man sich unwillkürlich an Mittelalter, Inquisition, Verteufelung und Vernichtung traditionellen Heil- und Verhütungswissens erinnert. Dieser gut ausgestattete und bebilderte Band zeichnet den Sexual- und Fruchtbarkeitszauber, den Wetterzauber, den Totenglauben, die Hebammenpraxis und den Drogengebrauch der (vor-)mittelalterlichen Heilkundigen sachkundig nach. Die mit großer Kenntnis verfassten Beschreibungen der bedeutendsten Pflanzen umfassen deren Verwendungen als Abtreibungs- und Geburtshilfemittel, als Rauschmittel wie auch als Räucher- und Beschwörungsmittel. Die heidnische Glaubenswelt und deren Rituale werden ausführlich beschrieben und sinnvoll parallelisiert zu denen der Indianer und Naturvölker. Claudia Müller-Ebeling befasst sich in ihrem Beitrag mit kulturgeschichtlichen Aspekten der Hexengestalt, deren inquisitorische Verteufelung sie plausibel im Kontext der mittelalterlichen Dämonisierung von Natur und Sinnlichkeit interpretiert.
Insgesamt ein sorgfältig recherchierter und edierter Band, der eine Fülle von Verdrängtem und Vergessenem zur Kulturgeschichte der Hexen, das heißt: zu einer europäischen schamanistischen Tradition, zugänglich macht.
 
  Myerhoff, Barbara G.
Der Peyote Kult.

München: Trikont 1980. 188 S.
ISBN 3-88167-068-8
Dieses Buch führt den Leser in die faszinierende Welt der Huicholes, eines von der Zivilisation weitgehend unberührten Indianerstammes im Nordwesten Mexikos. Die Kulturanthropologin Myerhoff führt zunächst in Geschichte und aktuelle Verfassung dieses Nomadenvolkes, unverwickelt in Marktwirtschaft und Geldverkehr, ein. Darauf folgt eine Erläuterung der archetypischen Mythologie der Huicholes anhand der zentralen mythologischen Wesenheiten. Die komplexen zeremoniellen Zyklen dieses Volkes entsprechen in vielem schamanistischen Ritualen. Hauptdarsteller bei der detaillierten Beschreibung der Ritualfolgen ist der Mara'akame, die schamanistische Leitfigur der Huicholes.
Zentraler Zeremonialzyklus ist die sogenannte Peyote-Jagd. Sie beginnt mit einer langen Wanderung zu den Wuchsplätzen halluzinogener Kakteen (Peyote). Diese werden nach strengen Ritualen geerntet und später in einer wohlgeordneten Zeremonie gemeinsam verspeist. Die Drogeneinnahme schafft die psychophysiologischen Voraussetzungen zum Erleben eines tiefreligiösen mystischen Bewußtseinszustandes, der alle Trennungen aufhebt, soziale Barrieren transzendiert und die Menschen wieder ihre Einheit mit dem Ursprung erleben läßt. Die Autorin beschreibt nicht nur aus theoretischer Perspektive, sondern hat auch mehrfach an den beschriebenen Zeremonien aktiv teilgenommen.
Insgesamt eine gründliche ethnographische Darstellung, die sehr von der "teilnehmenden Beobachtung" der Autorin profitiert.
 
Nioradze, Georg
Der Schamanismus bei den sibirischen Völkern.
Stuttgart: Strecker und Schröder 1925. 121 S.
ISBN: Keine
Dies ist die bis heute gründlichste anthropologische Studie über den sibirischen Schamanismus.
In subtiler und detaillierter Weise werden zunächst die wichtigsten Themenfelder des Weltanschauungssystems der Schamanen beschrieben. Das zweite Kapitel behandelt Herkunft, Familienzugehörigkeit, Eignung und Vorbereitungszeit des Schamanenanwärters. Anhand plastischer Schilderungen werden Tätigkeiten und soziale Bedeutung des Schamanen sorgfältig dargestellt. Ausführlich wird auch die Schamanentracht mit ihren spezifischen Attributen gewürdigt. Zu allen Bereichen bietet das Buch gute Abbildungen.
Der Autor ist offenbar tief in die Materie eingedrungen und hat von daher auch mythologische Aspekte gut zur Sprache gebracht. Kennzeichnend für den Autor ist seine vorurteilslose Darstellung, die das Buch nach wie vor empfehlenswert macht.
 
  Novik, E. S.
Ritual und Folklore im sibirischen Schamanismus. Eine vergleichende Strukturanalyse.
Hamburg: Schletzer 1989. 382 S.
(Studia Eurasia Bd. III)
ISBN 3-921539-32-3
Bei dieser aus dem Russischen übersetzten Studie handelt es sich um eine Untersuchung über die Völkerschaft der Jakuten. Im Mittelpunkt der toleranten und modernen Analysen des Autors stehen die Ritualtypen und Ritualformen schamanistischen Wirkens (wirtschaftliche Rituale, Übergangsrituale, Todesrituale, Initiationsrituale usw.). Bei der Darstellung werden die entsprechenden Quellen gut eingearbeitet. Der Autor erörtert auch kommunikationstheoretische Aspekte, vergleicht sinnvoll mit modernen psychotherapeutischen Methoden und entwickelt kybernetisch anmutende Vorstellungen zur psychosozialen Regulation, die er in Riten und Ritualen realisiert sieht.
Der zweite Teil des Werkes beschäftigt sich mit der Poetik der Schamanenlegenden, insbesondere im Hinblick auf die Ritualkomplexe. Auch hier besticht die sorgfältige und von großer Quellenkenntnis zeugende Darstellung.
 
Pentikäinen, Juha (ed.)
Shamanism and Northern Ecology.

Berlin/New York: Mouton de Gruyter 1996. Ln. 386. S.
(= Religion and Society Vol. 36)
ISBN 3-11-014186-8

Dieser umfangreiche und sorgfältig edierte Band versammelt die auf einer Konferenz über zirkumpolare und nördliche Religionen gehaltenen wissenschaftlichen Vorträge zum Thema Schamanismus.
In der informativen Einleitung wird ein interdisziplinärer Ansatz auf den Wegen von Religionsphänomenologie und Religionsökologie favorisiert.
Der Herausgeber sieht nicht nur die Notwendigkeit die Reste schamanistischer Religion und Kultur ethnographisch zu erschließen, sondern geht auch einer Tendenz zur Wiederbelebung dieser Urreligionen im Kontext der Neukonstituierung kultureller Identitäten (nach dem Zerfall der Sowjetunion) nach. Die von den Autoren behandelten etwa 25 Volksstämme Nordrusslands zählen jeweils zwischen 300 und 35000 Individuen. Ohne daß hier auf einzelne der kompetenten und detaillierten Beiträge eingegangen werden kann, so ist doch deutlich, daß die verschiedenen Autoren auf einen ganzheitlichen Zugang zum Phänomen Schamanismus zielen. Es wird somit nicht (wie bisher) Ekstase und Krankenheilung in den Vordergrund gestellt, sondern auch gesellschaftlichen und ökologischen Aspekten stärker Rechnung getragen.
Inhaltlich liegen Schwerpunkte auf: Weltanschaulichen Motiven im Schamanismus, C.G. Jungs Beziehungen zum Schamanismus, Körper und übersinnliche Welt, Erdmutter-Gottheiten im Schamanismus, Interferenzen von Schamanismus und Christentum sowie schamanistischen Zeremonien und Glaubenssystemen.
Es handelt sich um eine Sammlung hochkarätiger Beiträge, die sich um eine differenzierte Schamanismus-Interpretation bemühen. Der akademische Stil und die englische Sprache können ein Hindernis bei der Lektüre sein, schmälern aber nicht Qualität und Verdienst der Beiträge.

 
Post, Franz-Joseph
Schamanen und Missionare. Katholische Mission und indigene Spiritualität in Nouvelle-France.
(Europa - Übersee Bd. 7)
Münster: Lit Verlag 1997. 282 S.
Kaum eine Region entging seit dem 15. Jahrhundert dem Expansionsstreben der Europäer. Meist resultierte aus der erzwungenen Begegnung ein Wechselspiel der Kulturen. Keineswegs - so der Autor - waren die Europäer alleinige Herren der Geschichte in den kolonisierten Regionen; noch die indigene Bevölkerung einflußloses oder passives Objekt der Beherrschung. Kontinuierlich über fünf Jahrhunderte war die christliche Mission "integraler und integrierender Teil im politischen System des westlichen Expansionismus" und wurde erst dadurch zu einer Weltreligion - mit katastrophalen Folgen für die indigenen Religionen.
Diese sorgfältige Studie geht der spirituellen Eroberung durch katholische Missionare des 17. Jahrhundert am Beispiel von "Neufrankreich" im Nordosten der USA nach. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie die betroffenen Indianervölker (Huronen und Irokesen) zur Missionierung standen und auf sie reagierten. Die entsprechenden Assimilationsvorgänge werden vom Autor als Konfliktgeschehen in akribischer Darstellung rekonstruiert. Im Schamanismus erkennt er den geistigen Dreh- und Angelpunkt indigener Spiritualität. Von daher werden im Kontrast zur katholischen Spiritualität die Grundmotive schamanistischer Weltanschauung erläutert.
Das vorbildlich ausgestattete Buch enthält gründliche Ethnographie und analysiert ein geschichtsbestimmendes Konfliktfeld.
 
Quack, Anton
Priesterinnen, Heilerinnen, Schamaninnen? Die Poringao der Puyuma von Katipol (Taiwan).

Berlin: Reimer 1985. 168 S.
(Collectanea Instituti Anthropos 32)
ISBN 3-496-00783-4
Die Studie problematisiert das Verhältnis weiblicher religiöser Funktionsträgerinnen in einer Stammesgesellschaft Taiwans anhand der Frage nach der Zugehörigkeit dieser Funktionsträgerinnen zum Schamanismus. Die Arbeit hat einen ethnographischen beschreibenden Teil (Dokumentation) und einen analytischen Teil. Dieser versucht anhand der Berufungs- und Initiationspraxis der religiösen Funktionsträgerinnen deren Beziehung zum Schamanismus aufzuzeigen.
Eine Spezialstudie, die für Fachpublikum bestimmt ist.
 
Rätsch, Christian (Hrsg.)
Naturverehrung und Heilkunst. Von fliegenden Schamanen, schwarzen Göttinnen, wilden Menschen und Liebesmysterien der Aphrodite.

Südergellersen: Bruno Martin 1993. 287 S.
ISBN 3-921786-79-7
Es kommen in diesem Band eine Reihe von bedeutenden Fachleuten zu Wort. Sie umreißen das Thema aus verschiedenen Perspektiven, die von Ethnologie über Botanik, Kulturgeschichte, Medizin und Psychotherapie bis zur Kunstgeschichte reichen.
Im Zentrum der Betrachtungen stehen die Verzerrungen im Verhältnis von Mensch und Natur. Angefangen von der magischen (und angstvollen) Inbegriffenheit des vorgeschichtlichen Menschen in die Natur, über die christliche Dämonisierung der Natur, entwickelt sich das Naturverhältnis zur neuzeitlichen wissenschaftlichen Objektivierung und rücksichtslosen anthropozentrischen Nutzung. Zentrales Agens eines integralen Naturverständnisses unserer Vorfahren war - so die Autoren - nicht nur die religiöse Zentralfigur der Erdgöttin, die das Gesamt der Natur repräsentierte, sondern auch die Kontaktaufnahme der Menschen mit den Naturgeistern über Bewußtseinszustände wie Traum, Trance und Ekstase. Diese Zustände transzendieren das rationale Tages-Wachbewußtsein als Instrument der Naturbeherrschung und schaffen wichtige Relativierungen ausbeuterisch eingeengter Wirklichkeitsschau. Die Autoren sind fast alle Experten im Bereich veränderter Bewußtseinszustände und vermitteln in ihren Beiträgen Wissen und Inspiration aus schamanistischen Anschauungen, Praktiken und Ritualen. Sie plädieren für ein respektvolleres Umgehen mit der Natur und eine erweiterte Sicht auf Verzerrungen des instrumentellen Tages-Wachbewußtseins. Aus ihrer Sicht ist ein erweitertes Bewußtsein wesentliche Voraussetzung eines symbiotischeren Umgangs mit der Natur.
 
Reichel-Dolmatoff, Gerardo
Das schamanische Universum. Schamanismus, Bewußtsein und Ökologie in Südamerika.

München: Diederichs 1996. 331 S.
ISBN 3-424-01334-X
Der französische Ethnologe Reichel-Dolmatoff ist bisher nur in den englischsprachigen Ländern für seine Begreiflichmachung eines animistischen Naturverständnisses bekannt geworden. Er vermittelt mit seinen Arbeiten einen tiefen Einblick in die hochkomplexen Weltanschauungssysteme von Amazonasindianern (Tukano) und Steppenindianern (Kogi). Diese bemüht er sich bei Erörterungen in ihrer "wahren Größe" zu erkennen und zu würdigen. Von den Kogi beschreibt er Weltbild, Mythologie und Schöpfungsmythen detailliert und übersichtlich. Der Schamanismus wird ausführlicher am Beispiel der Desana geschildert. Hierbei stehen Anschauungen über Krankheit und Heilung sowie die Verwendung von Kristallen und Zaubersprüchen im Zentrum. Im Anhang werden vom Ethnopharmakologen Rätsch die Schamanendrogen Kolumbiens detailliert beschrieben. Obwohl es sich um eine seriöse ethnologische Arbeit handelt, kann das Buch aus ungeschulten Lesern eine aufschlußreiche Lektüre bieten.
 
  Rösing, Ina
Die Verbannung der Trauer. Nächtliche Heilungsrituale in den Hochanden Boliviens.

(Mundo Ankari 1)
Nördlingen: Greno 1987. 511 S. /
ISBN 3-89190-815-6 (Kartoniert) / ISBN 3-89190-109-7 (Leinen)
Dreifaltigkeit und Orte der Kraft: Die weisse Heilung. Nächtliche Heilungsrituale in den Hochanden Boliviens. 2 Bde.
(Mundo Ankari 2)
Nördlingen: Greno 1988. 500 S.
ISBN: 3-89190-879-2 und ISBN: 3-89190-111-9
Abwehr und Verderben: Die schwarze Heilung. Nächtliche Heilrituale in den Anden Boliviens.
(Mundo Ankari 3)
Frankfurt/Main: Zweitausendeins 1990. 476 S.
ISBN: Keine.
Es ist kaum möglich, die umfangreiche Darstellung dieser anthropologischen Feldforscherin über ihre Zeit in Peru in Kürze zu charakterisieren. Ihre Darstellungen sind sehr ausführlich und mit farbigem Bildmaterial unterlegt.
Sie führt am Beispiel des peruanischen Volkes der Callawayas in die religiöse, rituelle und soziale Welt der Quechua-Indianer ein. Aus einer erstaunlich wenig arroganten Perspektive beschreibt sie deren Heilungs- und Trauerrituale, um diese dann einer differenzierten transkulturellen (und intra-kulturellen) Vergleichung zu unterziehen. Die jeweils exemplarisch herangezogenen Rituale sind mit einer Detailgenauigkeit und Ausführlichkeit dargestellt, wie man sie nur selten findet. Das mag jedoch auch manchen Leser ermüden.
Zentrale Bezugspersonen der Autorin sind jedoch nicht eigentliche Schamanen, sondern eine spezifische Unterform derselben, die sogenannten "Brujos" (Hexer). Diese sind nicht fest in einem bestimmten Volksstamm verankert, sondern sind "reisende Medizinmänner", die an verschiedenen Orten mit der Ritualdurchführung tätig werden. Aufgrund ihrer Feldforschungen entwickelt die versierte Autorin ein theoretisches Modell zu den Vorstellungskomplexen der Heiler. Hierbei stehen die Vorstellungen vom "Seelenverlust" und der "Seelenrufung" sowie eine Theorie der irdischen und übersinnlichen "Welten" im Mittelpunkt.
Insgesamt ein ungewöhnlich gut ausgestattetes ethnographisches Werk, dessen Umfang auf Gründlichkeit, aber auch auf einen Mangel an sinnvoller Selektion hinweisen könnte.
 
Rosenbohm, Alexandra
Halluzinogene Drogen im Schamanismus. Mythos und Ritual im kulturellen Vergleich.

Berlin: Reimer 1991. 178 S.
(Marburger Studien zur Völkerkunde 8)
ISBN 3-496-00401-0
Bei dieser Studie handelt es sich um die Doktorarbeit einer Ethnologin, die die Fachliteratur zum Themenkomplex der durch chemische Substanzen induzierten Bewußtseinsveränderungen verarbeitet, jedoch keine eigenen Feldforschungen angestellt hat. Nach einer allgemeinen Einführung in die Problematik von Schamanismus und Ekstase konzentriert sich die Autorin auf die drei Haupttraditionen des "halluzinogen-unterstützten" Schamanismus: 1. die durch den Fliegenpilz induzierte schamanische Trance der sibirischen Völker; 2. den Psilocybin-Pilz- und Peyote-Kaktus-Schamanismus bestimmter mittelamerikanischer Indianervölker und 3. die durch eine Dschungelliane ("Yage", "Ayahuasca") induzierte Schamanentrance südamerikanischer Eingeborenenstämme. Ihre Erörterungen umfassen sowohl die jeweiligen Rahmenbedingungen und Vorbereitungen des rituellen Rauschzustandes als auch mythische Hintergründe und Aspekte der ekstatischen Erlebnisse. Die Autorin hat praktisch die gesamte Literatur zum Thema verarbeitet und mit ihrer Arbeit einen zentralen Komplex des Schamanismus (soweit das mittels einer reinen Literaturarbeit überhaupt möglich ist) gründlich bearbeitet. Das umfangreiche Kapitel über den Gebrauch des Fliegenpilzes ist die bisher umfassendste Arbeit zum Thema. Insgesamt eine lesbare und gut recherchierte Arbeit mit ausführlichem Literaturverzeichnis, der eine breitere Leserschaft zu wünschen ist.
 
  Scharfetter, Christian / Christian Rätsch (Hrsg.)
Religion - Mystik - Schamanismus.
Berlin: Verlag für Wissenschaft und Bildung 1998. 271 S.
(Welten des Bewusstseins Bd. 9)
ISBN 3-86135-413-6
Dieser Sammelband bringt die 1996 auf einem Kongreß des "Europäischen Collegiums für Bewußseinsstudien (ECBS)" gehaltenen Vorträge. Die zweite Hälfte des Bandes ist dem Schamanismus gewidmet. Die Autoren bieten kompetente Erörterungen auf akademischem Niveau zur Frage "Ist Schamanismus Mystik?", zu Ursprung und Evolution des Schamanismus, zur Initiation von Schamaninnen und zu Verbindungen von Techno-Bewegung, Cyberspace und Schamanismus. Die Themen sind interessant und die Bearbeitung sorgfältig. Nicht alle Schlüsse mag der Leser teilen und sei doch für ein modernes Verständnis des Schamanismus wie auch Aspekte einer neuartigen Integration seiner Vorstellungswelt und Techniken auf diesen Band besonders hingewiesen.
 
Schenk, Amelie
Schamanen auf dem Dach der Welt. Trance, Heilung und Initiation in Kleintibet.

Graz: Akademische Verlagsanstalt 1994. 236 S. (Großformat).
ISBN 3-201-01601-2
Bei Kleintibet handelt es sich um ein dem tibetischen Kulturraum zugehöriges Stück von Westtibet, welches von der chinesischen Invasion Tibets verschont blieb und politisch heute Nordindien zugehört. Das von der Autorin in diesem Landstrich erstmals ethnographisch untersuchte ladakhsche Schamanentum und Orakelwesen wurde nach langen Konflikten buddhistisch überformt und stellt heute ein Gemisch aus Schamanismus, urtümlicher tibetischer Bön-Religion und buddhistischen Elementen dar.
Im Laufe ihrer Forschungen lernte die Literaturwissenschaftlerin und Ethnologin etwa zwei Dutzend Schamanen und Orakelpriester kennen, die sie in ihrem Werk ausführlich selbst zu Wort kommen läßt. Wichtige Hintergrundinformationen bereitet die Autorin gutverständlich auf und integriert sie sinnvoll in den Text. Ausführlich zur Darstellung gelangen die Berufungskrankheit der Schamanen, die Schamanen-Ausbildung (im Vergleich zu der der Orakelpriester) und soziale Komponenten des Schamanismus. Besondere Würdigung erfahren zu Recht die sogenannten "Veränderten Bewußtseinszustände", unter deren Einfluß die Schamanen psychische Tiefenerfahrungen machen und mit der Geisterwelt in Verbindung treten können.
Der gelungene Band besticht nicht nur durch brillante Fotografien, die Konzentration auf Wesentliches und eine Vielzahl von Berichten aus erster Hand, sondern auch durch einen detailgetreuen Schreibstil, der sowohl Laien begeistern als auch Ethnologen zufriedenstellen dürfte.
 
  Schmidt, Paul W.
Der Ursprung der Gottesidee. Bde. III, IX, X, XI, XII.
Münster: Aschendorf`sche Verlagsbuchhandlung 1931, 1949, 1952, 1954, 1955. Jeweils 500-750 S.
ISBN: Keine.
Es handelt sich um ein weithin unbekanntes Quellenwerk, das umfangreiches Material zum Schamanismus in aller Welt enthält. Schwerpunkt ist der Schamanismus der asiatischen Völker. Der Autor dieser Besprechung hat nur die oben genannten Bände sondieren können. Diese enthalten detaillierte Studien, die ausführlich die maßgeblichen Werke der ethnographischen Literatur wiedergeben. So könnte man meinen, der Autor hätte hier seine "gesammelten Exzerpte" veröffentlicht. Das wird seinem Bemühen insofern nicht gerecht, als er unter systematischen Zielsetzungen die Wissensbestände sorgfältig sondiert und geordnet hat. Die wesentlichen Ansatzpunkte seiner Studien sind die Gottesvorstellungen der jeweiligen Völker als auch deren generelle Glaubensweltordnungen, ihre Schöpfungs- und Weltendemythen und ihr Schamanismus.
Behandelt werden in den oben genannten Bänden die innerasiatischen Hirtenvölker, dieTataren-Völker, die Jenissier, die Burjaten, die Mongolen, die Yugakiren, die Alttürken, die Tungusen und andere.
Es ist ein wertvolles Quellen referierendes Werk, das die systematische Erschließung eines umfangreichen Materials leistet.
 
Schultes, Richard E./Albert Hofmann/Christian Rätsch
Pflanzen der Götter. Die magischen Kräfte der bewußtseinserweiternden Gewächse.

Aarau: AT Verlag 3. überarbeitete Auflage 1998. 208 S. (Großformat).
ISBN 3-85502-645-9
Dieses schon klassische Werk der beiden erstgenannten führenden Autoritäten auf dem Gebiet der Botanik und Chemie der psychedelischen Pflanzen wurde von dem Ethnopharmakologen Rätsch überarbeitet und erweitert. Es enthält eine genaue Beschreibung von Aussehen, Herkunft, Zubereitung und Verwendung von fast einhundert psychoaktiv wirksamen Pflanzen. Zentral ist den Autoren die Anwendung der Pflanzenzubereitungen zur Divination und Heilung durch Schamanen auf der ganzen Welt. Diese Anwendungen werden an 15 Pflanzen exemplarisch aufgezeigt, indem die Autoren die geschichtlichen und kuturellen Zusammenhänge der Verwendung aufzeigen und mit hervorragendem Bildmaterial unterlegen. Auch moderne Anwendungen der Pflanzenwirkstoffe in Medizin und Psychotherapie werden sachgemäß dargestellt.
Nach wie vor das beste Buch zu diesem Aspekt des Schamanismus.
 
Schulz-Weidner, Willy
Die soziale Funktion und Stellung der Schamanen in Sibirien.
Mainz: Diss. phil. 1947. 175 S.
ISBN: Keine.
Der Autor dieser seltenen Dissertation hat sich großer Mühe unterzogen, um die sozialen Funktion und Stellung sibirischer Schamanen anhand des damals verfügbaren Schrifttums umfassend zu beleuchten. Aus der Schule des progressiven Ethnologen Thurnwald stammend, ist es ihm zunächst Anliegen Berufungsweg und schamanistische Tätigkeit genauer zu erörtern. Mit erstaunlicher sprachlicher Prägnanz und großer Genauigkeit bei der Literatursondierung (incl. der russischen und skandinavischen) bringt der Autor wesentliche Gesichtspunkte zur Geltung. Besondere Aufmerksamkeit widmet er der wirtschaftlichen Stellung und der Machtposition der Schamanen wie auch den Beziehungen der Schamanen untereinander. In einem Anhang faßt er die Literatur zu "Wandlungen des Schamanentums unter dem Einfluß von Politik und Religion" in kritischer Weise zusammen.
Insgesamt eine auch heute noch in vielen Teilen lesenswerte gründliche Arbeit.
 
Sharon, Douglas
Die Magier der vier Winde. Der Weg eines peruanischen
Schamanen.

Freiburg i. Br.: Bauer 1980. 299 S.
ISBN 3-7626-0634-X
Der Anthropologe Sharon arbeitete jahrelang bei einem peruanischen Schamanen. Der heute weltbekannte Schamane Eduardo Calderon gab ihm intimste Einblicke in Vorstellungswelt und Praxis des uralten Anden-Schamanismus. Dieser hat eine lange Tradition, welche bis auf die Inkas zurückverweist.
Hauptsächlich bringt das Buch authentische Berichte über die Lehrzeit Sharons. Diese werden mit bisherigen Abhandlungen zum Thema ergänzt und verglichen. Eingestreut finden sich auch referierende Teile des Autors zur Geschichte des Schamanismus, des Drogengebrauchs, der schamanischen Gebrauchsgegenstände usw. Im Ganzen eine wirklichkeitsnahe und gut lesbare Darstellung.
 
  Smoljak, Anna Wasiljewna
Der Schamane. Persönlichkeit, Funktionen, Weltanschauung. (Die Völker am unteren Amur).
Berlin: Schletzer 1998. 273 S.
(Ethnologische Beiträge zur Circumpolarforschung Bd. 4)
ISBN 3-921539-63-3
Diese äußerst gründliche Arbeit einer russischen Ethnologin befasst sich mit der Vorstellungswelt und dem Schamanismus der kleinen Völkerschaften der Nanaien und Ultschen, die im Norden Sibiriens zuhause sind und von Jagd und Fischfang leben. Zunächst schildert die Autorin die Weltvorstellungen um dann die allgemeinen Kenntnisse über den Schamanismus dieser Völker zu referieren. Besondere Aufmerksamkeit kommt in der folgenden Darstellung der Geisterwelt, den Seelenvorstellungen und den Ritualen der Schamanenweihe zu. In einem weiteren Kapitel werden die Kleidung, Ausrüstung und andere Attribute des Schamanen beschrieben.
Der Autorin geht es um die uralten, weitgehend unberührten Traditionen der hochnordischen Völker, die es ihrer Ansicht nach gestatten, eine religiöse Vorstellungswelt auf frühester Entwicklungsstufe zu studieren. Diese Möglichkeit scheint ihr vor allem für Fragen der Religionswissenschaft von grundlegender Bedeutung. Besonders interessant imponieren in den Darstellungen die hochkomplex anmutenden schamanistischen Vorstellungen über Seelenraub und dessen Verhinderung, die teilweise an moderne systemtheoretische Ansätze in der Psychosomatik erinnern.
Insgesamt eine sehr gründliche seriöse ethnographische Studie, die die Komplexität der Vorstellungswelten sogenannter "primitiver" Völker deutlich werden läßt.
 
Stary, Giovanni
Das Schamanenbuch der Sibe-Manschuren.
Wiesbaden: Harassowitz 1992. 179 S.
ISBN 3-447-03244-8
Bei der vorliegenden Schrift handelt es sich um ein Quellendokument aus erster Hand: eine aus oraler Tradition stammende und Mitte des 19 Jahrhunderts aufgezeichnete sibemanschurische Schamanen-Handschrift. Diese findet sich sowohl in deutscher Übersetzung als auch in manschurischer Landessprache wiedergegeben. Bis heute wurde sie nur ernsthaften Schamanen-Anwärtern zugänglich gemacht.
Mit einer Einleitung und kommentierenden bzw. erklärenden Fußnoten versucht Stary das Verständnis zu erleichtern. Trotzdem ist der sich um Opfergebete, Initiationsgebete und -hymnen, Zauberformeln sowie Gebete zur Krankenheilung drehende Text in seinem tieferen Sinn nicht einfach zu erfassen.
Es handelt sich hier um eine der wenigen schriftlich festgehaltenen Äußerungen von Schamanen aus erster Hand. Zudem gilt der Text als ein Meisterstück sibemanschurischer Literatur.
 
  Tschubinow, Georg
Beiträge zum psychologischen Verständnis des sibirischen
Zauberers.
Halle an der Saale: Diss. phil. 1914. 94 S.
Diese Doktorarbeit eines russischstämmigen Psychologen bringt eine übersichtliche und sorgfältige psychologische Analyse der Rituale und Handlungsfolgen sibirischer Schamanen. Zunächst steht ein genaues Beschreiben und Zergliedern des großen dokumentierten Anschauungsmaterials im Vordergrund. Hierbei wird die, sonst weitgehend unberücksichtigte, russischsprachige Quellenliteratur gut eingearbeitet. Dann werden die Funktionen des Schamanen bzw. seiner Handlungen analysiert, um in den Handlungssequenzen "die Zusammenhänge psychologischer Notwendigkeit" erkennbar zu machen.
In seiner Zusammenfassung liefert der Autor eine entwicklungspsychologische Analyse der komplexen Ritualformen einer "primitiven" und einer "höheren" Kulturform, wie sie sich seiner Ansicht nach unter den sibirischen Völkerschaften finden läßt.
Insgesamt eine erstaunlich gründliche und sorgfältige Arbeit, der auch heute noch eine Leserschaft zu wünschen ist.
 
Wagner, Johanna
Die, die so aussehen wie jemand, aber möglicherweise etwas
ganz anderes sind. Aus der Praxis afrikanischer Medizinmänner.

Berlin: Zerling 3. Auflage 1996. 294 S.
ISBN 3-88468-023-4
Die durch ihre jahrelangen Feldstudien inspirierte Autorin führt den Leser über Animismus und Totemismus als weltanschauliche Grundlagen afrikanischer Stammeskulturen in die magische Welt- und Krankheitsauffassung der Schamanen und Medizinmänner ein. In 23 Kapiteln liefert sie eine chronologische Darstellung ihrer Reise- und Feldforschungserlebnisse. Begrüßenswerterweise kommen ihre Informanten häufig auch selbst zu Wort.
Besonderen Eindruck machen ihr die große Menschlichkeit der Medizinmänner und deren sorgfältige Erhebung der Vorgeschichte des Patienten. Außerdem arbeitet sie die wichtige Unterscheidung von (sozial nützlicher) weißer Magie und sogenannter schwarzer Magie heraus. Der Autorin ist das Kompliment einer authentischen, wenig idealisierenden und gut nachvollziehbaren Darstellung zu machen, obgleich das Buch auch unter gewissen Inkohärenzen leidet.
 
Walsh, Roger, N.
Der Geist des Schamanismus.

Frankfurt/M.: Fischer 1998. 352 S.
ISBN 3-596-14079-X
Der amerikanische Psychiatrieprofessor Walsh beklagt, daß die bisherigen Studien über den Schamanismus fast ausnahmslos von Ethnologen und Anthropologen verfaßt und somit psychologische bzw. psychospirituelle Aspekte des Schamanismus nicht ausreichend gewürdigt würden. Nach einführenden Abschnitten über das aktuelle Interesse am Schamanismus, die Personencharakteristik des typischen Schamanen und den Lebensweg der Schamanen, vertieft sich der Autor in psychospirituelle und psychologische Gesichtspunkte. Nach einer zusammenfassenden Schilderung schamanischer Techniken zur Bewußtseinsveränderung erörtert er die Psychologie "veränderter Bewußtseinszustände". Diese "schamanischen Geisteszustände" (Walsh) versucht er dann mit Heilungsvorgängen in Beziehung zu bringen und ihre Bedeutung im Rahmen der Bewußtseinsevolution des Menschen zu erörtern.
Dem Autor geht es in erster Linie darum, den Schamanen als potenten "Heiler" zu rehabilitieren und ihn aus der falschen Deutung im Sinne von Psychopathologie, Betrügerei und "Primitivität" herauszulösen sowie seine Bedeutung für die neuentstandene "transpersonale Psychologie" auszumessen. Empfehlenswerte Lektüre, insbesondere für psychologisch Interessierte.
 

© Torsten Passie 2005
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